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Der Abend kommt

Strophe 1

Der Abend kommt, die Sonne sich verdecket,
und alles sich zur Ruh und Stille strecket.
O meine Seel, merk auf, wo bleibest du?
In Gottes Schoß, sonst nirgend findst du Ruh.

Strophe 2

Der Wandersmann legt sich ermüdet nieder,
das Vöglein fliegt zu seinem Neste wieder,
das Schäflein kehrt in seine Hürde ein:
lass mich in Dich, mein Gott, gekehret sein.

Strophe 3

Ach sammle selbst Begierden und Gedanken,
die noch so leicht aus Schwachheit von Dir wanken;
mein Ruheplatz, mein Heimat, tu dich auf
dass ich in dich von allem andern lauf.

Strophe 4

Recht väterlich hast Du mich heut geleitet,
bewahrt, verschont, gestärket und geweidet.
Ich bin's nicht wert, dass Du so gut und treu;
mein Alles Dir zum Dank ergeben sei.

Strophe 5

Vergib es, Herr, wo ich mich heut verirret
und mich zuviel durch dies und das verwirret.
Es ist mir leid, es soll nicht mehr geschehn;
nimm mich nur ein, so werd ich fester stehn.

Strophe 6

Da nun der Leib sein Tagewerk vollendet,
mein Geist sich auch zu seinem Werke wendet,
zu beten an, zu lieben inniglich,
im stillen Grund, mein Gott, zu schauen Dich.

Strophe 7

Die Dunkelheit ist da, und alles schweiget;
mein Geist vor Dir, o Majestät, sich beuget.
Ins Heiligtum, ins Dunkle kehr ich ein;
Herr, rede Du, lass mich ganz stille sein.

Strophe 8

Mein Herz sich Dir zum Abendopfer schenket,
mein Wille sich in Dich gelassen senket.
Begierden, schweigt! Vernunft und Sinnen, still!
Mein müder Geist im Herren ruhen will.

Strophe 9

Dem Leib wirst Du bald seine Ruhe geben;
lass nicht den Geist zerstreut in Unruh schweben.
Mein treuer Hirt, führ mich in Dich hinein;
in Dir, mit Dir kann ich vergnüget sein.

Strophe 10

Im Finstern sei des Geistes Licht und Sonne,
im Kampf und Kreuz mein Beistand, Kraft und Wonne;
deck mich bei Dir in Deiner Hütte zu,
bis ich erreich die volle Sabbatruh.

Liederbücher

  • Reichslieder 1931/51Nummer: 498

Notensatz (4 Stimmen gemischt)